Was das ist und was wir tun können

Kaum ein journalistisches Thema hat es in den letzten Jahren so in die öffentliche Wahrnehmung geschafft, wie „die Wahrheit“. Oder besser gesagt: Die nicht vorhandene Wahrheit. Journalisten dürfen sich schon lange anhören, nicht „objektiv“ zu berichten, zu nah an der Politik zu sein und Falschinformationen zu verbreiten. „Lügenpresse“ wurde ein Kampfbegriff der Rechten, um den Journalismus zu degradieren.

Wir könnten viel diskutieren, ob und was an den Vorwürfen dran ist, mir geht es in diesem Beitrag aber mehr um den Kern der Sache: Wie wir alle Fake News erkennen und handeln können. Eines hat die Debatte um die Fake News dennoch gebracht: Der Journalismus muss sich zum einen wieder auf seine Grundethik besinnen, sich selbst und seine Redaktionsstrukturen hinterfragen und verändern und seine Arbeiten wieder sauber abliefern. Zum anderen nutzen viele JournalistInnen auch die Möglichkeit, um über das journalistische Mediensystem aufzuklären und gezielt zu zeigen, was Fake News sind und wie wir alle das journalistische Handwerk nutzen können, um nicht auf Falschnachrichten hereinzufallen.

Was sind Fake News?

Der Begriff bedeutet übersetzt „Falsche Nachrichten“ und ist mittlerweile auch zu einem politischen Kampfbegriff geworden. Besonders inflationär wird er vom derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump gebraucht, um sämtliche kritische Berichterstattung der US-Medien zu degradieren. Fake News sind aber nicht immer gleich Fake News. Die Bundeszentrale für politische Bildung stellt hierzu ein eigenes Themenfeld zur Verfügung. Hier mal kurz die wichtigsten Arten der Fake News zusammengefasst:

Clickbating: Titel wie „Unfassbar, was passiert…!!!“, „Unglaublich, wie…!!!“ suggerieren eine enorm hohe Relevanz des Artikel oder des Videoinhaltes. Beim Klick darauf stellen wir aber oft fest, das Titel und Inhalt nicht übereinstimmen. Clickbaiting ist keine explizite Fake News, aber dennoch eine Irreführung des Konsumenten, mit dem Ziel, viele Klicks zu generieren, dadurch hohe Reichweite und Relevanz zu erlangen und Geld zu verdienen.

Satire: Ein hervorragendes Beispiel dafür ist der Postillon, der zum einen gerne Quatschnachrichten verschickt („YouTubevideos müssen künftig nach dem Anschauen zurückgespult werden„), zum anderen auch gerne mal ernst genommen wird, obwohl er als Satiremagazin gekennzeichnet ist. Satirischer Quatsch gehört nicht unbedingt zu den Fake News, muss aber als Satire gekennzeichnet sein.

Falschmeldung (Früher: Zeitungsente): Ein peinlicher Fehler, der gerne in der journalistischen Hektik passiert: Nachricht aufgenommen, aber nicht mehr richtig geprüft und recherchiert, schnell publiziert… und am Ende stimmt das dann doch nicht. Diese Art von Fehler passieren und müssen von Redaktionen richtig gestellt werden.

Propaganda: nutzt falsche Nachrichten und Desinformation im politischen Kampf, um die eigene Seite zu stärken und die andere zu schwächen.

gezielte Desinformation: ist das, was nach der Debatte nun wirklich als „Fake News“ bezeichnet wird. Diese Art der Fake News ist auch verwandt mit der Propaganda und kann auch sehr gefährlich werden (Stichwort: Pizzagate). Gezielt werden Nachrichten frei erfunden und verbreitet. Ziel ist oftmals politische Manipulation, aber auch Clickbaiting oder „pishing“, also das abgreifen von (personenbezogenen) Daten.

Spätestens beim Zusammenhang von Fake News und Social Bots fällt vielleicht auf: Fake News hängen mit vielen weiteren Themen zusammen. Vor allem für pädagogische Fachkräfte gibt es hier viele Möglichkeiten, an das Thema anzuknüpfen und das Mediensystem (mit seinen Schattenseiten) weiter zu beleuchten. Klicksafe hat zum Thema auch gutes Unterrichtsmaterial aufgearbeitet. Ich hab mal kurz und mit wenig Gestaltungs-Skills die Themenfelder aufgezeichnet.

Warum glauben wir Falschnachrichten?

Uns würde das alles nie passieren? Einige Nachrichten sind wirklich so gut gefälscht, dass sogar Profis damit Probleme haben. Ein viel wichtigerer Faktor ist aber: Menschen glauben gerne, was in ihr Weltbild passt. Bin ich gegen Geflüchtete, dann kommt mir ein Beitrag über deren Verbrechen gerade recht – und wir neigen dazu, diese Nachrichten weniger zu überprüfen. Wissenschaftlerin und YouTuberin Mai Thi Nguyen-Kim hat das sehr schön dargestellt.

Wie erkennen wir Fake News?

Es gibt mittlerweise viele Videos und Artikel zum Thema. Sehr gute Arbeit leistet hierbei auch „So geht Medien“ vom Bayrischen Rundfunk (das Material ist auch für den Unterricht nutzbar). Im Online spiel: „Fake it to Make it“ können wir in die Rolle von Fake News ProduzentInnen schlüpfen um nachvollziehen zu können, warum Menschen überhaupt falsche Nachrichten verbreiten.

#kurzerklärt von der ARD hat die wesentlichen Schritte auch nochmal gut zusammengefasst.

Die wichtigsten Schritte zum Faktencheck

Schritt 1: Quelle prüfen! Woher kommt die Information? Ist die Quelle einer Information bekannt? Welche Texte oder Beiträge werden normalerweise von der Quelle veröffentlicht? (Tipp: Quelle mal in die Suchmaschine eingeben). Ist die URL korrekt, oder steht statt tagesschau.de dort tageschau.de? Hat die Website ein Impressum und sind die Verfasser nachvollziehbar und erreichbar? In Deutschland gibt es eine Impressumspflicht. Websiten ohne Impressum gelten in der Regel als eher nicht vertrauenswürdig.

Schritt 2: Den ganzen Artikel lesen! Die Zeiten des schnell mal teilens sind vorbei. Mit dem Clickbaiting haben wir gelernt, dass Überschrift und Inhalt oftmals nicht zusammenpassen. Also genau lesen und checken: Wann wurde der Artikel gepostet? Handelt es sich um Satire? Welche Sprache wird benutzt? Welche Quellen werden zitiert? Macht es Sinn, was ich lese?

Schritt 3: Verfasser prüfen! Ähnlich wie bei Schritt 1: Wer hat den Artikel /das Video/das Foto verfasst? JouralistInnen unterzeichnen ihre Beiträge für gewöhnlich. Wer sind die Verfasser? Was veröffentlichen die noch? Gelten die Verfasser als seriös? Hinweis aus dem Journalismus: Es gibt sogenannte Blattlinien. Eine „Taz“ gilt eher als linksgerichtetes Medium, eine „Welt“ eher als konservatives Medium. Um ein umfassenderes Bild einer Nachricht zu bekommen, muss sich medienübergreifend informiert werden.

Schritt 4: Bilder und Video checken! Gab es das Foto/Video schon einmal in einem anderen Kontext? Mit dem Browser Add-on RevEye oder der Google Rückwärts Suche können Bilder leicht geprüft werden: Einfach das zweifelhafte Bild hochladen oder die URL posten und der Dienst erkennt, ob es schon irgendwo anders gepostet wurde, vielleicht in einem ganz anderen Kontext. Videos können mit dem „YouTube Data Viewer“ von Amnesty International oder mit dem Fake video news debunker“ von InVid verifiziert werden.

Schritt 5: Zahlen und Grafiken prüfen! „Ich glaube nur einer Statistik, die ich selbst gefälscht habe“, ist ein bekanntes Zitat, das angeblich Winston Churchill gesagt haben soll. Die Faktenlage bei dem Zitat ist unklar, genau wie bei Zahlen. Ja, Zahlen vermitteln Faktensicherheit, obwohl sie so leicht gefälscht und uminterpretiert werden können. Worauf bezieht sie sich die Zahl genau? Werden Quellen genannt? Wo sind die Zahlen und Grafiken noch zu finden? Ergibt die Summe 100 %? Sind es absolute Zahlen, die sich auf eine Menge oder Größe beziehen, oder relative Zahlen, die ein Verhältnis darstellen?

Schritt 6: Faktenchecker fragen! Es gibt einen eigenen journalistischen Berufszweig und somit Menschen, die sich hauptberuflich um das Prüfen von Fakten kümmern – und die wir natürlich fragen können. Einfach den Link unter die Social Media Kanäle posten oder eine eMail schreiben und Teams wie „Faktenfinder“ von der ARD oder das Factchecking-Team von Recherchebüro Correctiv helfen.

Schritt 7: Kritisch bleiben und nicht alles glauben! Das ist eine uralte Binsenweisheit, aber zutreffend. Nicht alles, was erzählt wird stimmt – das gilt für Gerüchte und Geschichten im Offline-Leben, sowie im Internet. Es ist imer hilfreich auch im Kopf zu behalten: Was soll ich mit dieser Information anfangen? Was wird bezweckt? Wem nützt die Information

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